Hallo und herzlich Willkommen hier zurück zum 2RadGeber

Simson Geschichte 1990 - 2003

Im Zuge der politischen Wende 1989/1990 wurde der volkseigene Betrieb Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk „Ernst Thälmann“ Simson Suhl der Treuhandverwaltung unterstellt und aus formalen Gründen in die beiden Gesellschaften Simson Fahrzeug GmbH sowie Jagd- und Sportwaffen GmbH in Privateigentum übergeführt. In dieser Zeit brach der Exportmarkt für Simson infolge der politischen Veränderungen schlagartig zusammen. Auch die Nachfrage im Inland ging stark zurück. Die meisten der 4000 Mitarbeiter wurden entlassen und die Produktion verringerte sich auf nur noch 5000 Kleinkrafträder im Jahr 1991. Im März des Jahres wurde die Liquidierung des Unternehmens durch den Vorstand der Treuhandanstalt eingeleitet, die Produktion kam zum 31. Dezember 1991 zum Erliegen.

Simson stand in den 1990er Jahren einer ungewöhnlichen und schwierigen Marktsituation gegenüber. Die Nachfrage nach Klein- und Leichtkrafträdern war generell stark gesunken. Viele, die bis dahin das Moped zum alltäglichen Gebrauch nutzten, waren auf den nun leichter verfügbaren PKW umgestiegen. Westdeutsche Hersteller wie Hercules, Zündapp oder Kreidler hatten ihre Mopedproduktion bereits stark reduziert oder gänzlich eingestellt. Die noch bestehende Nachfrage wurde durch Importfahrzeuge aus Niedriglohnländern abgedeckt. Die größte Konkurrenz für Simson kam allerdings aus eigenem Hause – der Markt wurde von Gebrauchtfahrzeugen aus der DDR überströmt. Das massive Überangebot hatte niedrige Preise zur Folge, viele Simsons wurden einfach verschenkt. Obendrein blieb für diese älteren Fahrzeuge die attraktive 60-km/h-Ausnahmeregelung erhalten, während neue Kleinkrafträder nur noch maximal 50 km/h schnell sein durften. Unter diesen Bedingungen gelang es Simson, eine stabile Produktion wieder aufzubauen. Das weitere Schicksal der Traditionsmarke zeigt, dass es letztlich nicht gelang, sich auf dem Zweiradsektor zu etablieren. Von 1992 bis 2002 wurden insgesamt etwa 47.000 Mofas, Kleinkraft- und Leichtkrafträder verkauft. Zum Vergleich: in den 1980er Jahren betrug der Jahresausstoß bei Simson knapp 200.000 Fahrzeuge.

Ende 1991 schlossen sich einige der ehemaligen Mitarbeiter zur „Suhler Fahrzeugwerk GmbH“ zusammen und nahmen Anfang 1992 die Fertigung wieder auf. Dabei konnte auf die Produktionsanlagen, das umfangreiche Know-how und technische Unterlagen zurückgegriffen werden. Die meisten Zuliefererbetriebe waren zugrunde gegangen, sodass es auf neue Kontakte ankam.

Zunächst wurde die Produktion der bekannten Typen mit leichten Modifikationen fortgesetzt. Unter anderem entfiel die beliebte 60-km/h-Ausführung, weil die betreffende DDR-Regelung, dass Kleinkrafträder bis zu 60 km/h fahren dürfen, nicht in bundesdeutsches Recht übernommen worden war. Dennoch gelang es, in kleinem Maßstab eine stabile Produktion aufzubauen. Mit optischen Modifikationen, technischen Extras und griechischen Buchstaben als Modellbezeichnung gelang es ab 1993, die neuen Simsons deutlicher von der Masse der Gebrauchtfahrzeuge abzuheben und moderner erscheinen zu lassen. Die Neuerungen brachten jedoch erhöhte Kosten mit sich, weshalb die Modellpolitik der alpha-, beta- und gamma-Serie nur wenige Jahre lang verfolgt werden konnte.

In diesem Zeitabschnitt gab es einige Innovationen bei Simson. 1992 wurde ein Lastendreirad Typ SD 50 in die Fertigung aufgenommen, das eine Marktnische ausfüllen sollte. Ebenfalls innovativ war der Kleinroller gamma E mit Elektromotor. Infolge großer Produktionskosten und nicht ausgereifter Akku-Technik wurde dessen Fertigung nach kurzer Zeit wieder eingestellt.

Ab 1993 bis 1996 wurde zudem der Hotzenblitz durch die Hotzenblitz Thüringen Mobile GmbH in den Fertigungshallen der Suhler Fahrzeugwerk GmbH produziert.

Das Jahr 1996 markierte einen Wendepunkt für Simson. Die Modellpalette wurde erheblich ausgeweitet und diverse Neuentwicklungen in Serie übergeführt. Die Bezeichnung in griechischen Buchstaben wurde aufgegeben, stattdessen wurden die bereits zu DDR-Zeiten verwendeten Vogelnamen aufgegriffen. Neben diversen aufgewerteten Fahrzeugen wurden auch wieder die einfachen Grundausstattungen der in der DDR entwickelten Typen S53 und SR50/1 zu relativ niedrigen Preisen angeboten. Am anderen Ende der Skala kamen ein moderner Scooter mit stufenlosem Automatikgetriebe, sportliche Mokicks mit Zentralfederbein und andere Typen ins Angebot. 1998 stieg man mit einer Motorrad-Neuentwicklung in die 125er Klasse ein.

Die neu entwickelten Fahrzeuge verkauften sich nur schleppend. Sie wiesen diverse konstruktive Schwächen auf und waren den alten ausgereiften DDR-Baumustern nicht ebenbürtig. Auch die Entwicklung und Markteinführung des Motorrades Simson Schikra gestaltete sich kostenintensiv und fehlerbehaftet. Unverständlich erscheint es auch, dass keine Anstrengungen zur Erschließung von Exportmärkten unternommen wurden. Die Suhler Zweirad GmbH, die 1997/98 schrittweise die bisherige Suhler Fahrzeugwerk GmbH übernommen hatte, musste im Januar 2000 Insolvenz anmelden. Auch politisch motivierte Unterstützung durch das Land Thüringen in Form der TIB (Thüringer Industrie Beteiligungsgesellschaft) konnte das Scheitern nicht verhindern.

Ein neuer Investor, der Engineering-Dienstleister KONTEC, setzte die Produktion ab Juni 2000 mit nochmals stark reduzierter Mitarbeiterzahl unter dem Namen SIMSON MOTORRAD GmbH & Co KG fort. Innovationen bei den 125er Motorrädern und später auch den Kleinkrafträdern sollten dem Unternehmen zu neuem Erfolg verhelfen. Zahlreiche, teilweise virtuose Entwürfe wie Simson Insect, Schwalbe II, das Kick-Board Raven und ein Superbike „Simson Hyper-Bike“ zeugen von großen Vorhaben des damaligen Investors. So ambitioniert die Entwürfe auch erscheinen mögen – sie lassen eine eklatante Fehleinschätzung der realen Marktlage und der Möglichkeiten am Produktionsstandort in Suhl erkennen. Die Nachfrage nach einfachen, robusten Kleinkrafträdern wurde verkannt. 95 % der seit 1992 verkauften Fahrzeuge waren auf den DDR-Baumustern S53 und SR50/1 basierende Modelle. Fehler in der Geschäftsführung führten außerdem zu ständigen Lieferschwierigkeiten. Das Image der Traditionsmarke wurde zusätzlich durch den Vertrieb von billigen Importfahrzeugen unter dem Namen Simson stark beeinträchtigt. Im Juni 2002 musste Simson erneut Insolvenz anmelden. Am 30. September wurde die Fahrzeugproduktion endgültig eingestellt. Weil sich kein neuer Investor fand, kam es am 1. Februar 2003 zur Zwangsversteigerung des gesamten Betriebsvermögens inklusive der Produktionsanlagen.

Parallel dazu wurde am 1. Juli 1996 gemäß § 2 Abs. 3 TreuhLÜV die Liquidation der Suhler Fahrzeugwerk GmbH wieder aufgehoben und mit völlig neuer Struktur als Simson Gewerbepark GmbH gegründet. Später erfolgte eine Umbenennung in TLG Gewerbepark Simson GmbH. Dieses Unternehmen, eine Tochtergesellschaft der TLG Immobilien GmbH, existiert bis heute (Stand 2016), unterhält die Immobilien der ehemaligen Produktionsstätten und verwaltet die Markenrechte.

Die seit 1993 bestehende MZA (Meyer-Zweiradtechnik-Ahnatal) GmbH erwarb zur Zwangsvollstreckung im Februar 2003 den Großteil der Vermögenswerte, wie die Waren- und Lagerbestände, Produktionsvorrichtungen sowie Zeichnungs- und Urheberrechte von Simson. Weiterhin wurde eine Vereinbarung über die Nutzung des Markennamens Simson mit der TLG Gewerbepark Simson GmbH geschlossen. Im Unterschied zu allen vorhergehenden Simson-Unternehmen produziert MZA keine Neufahrzeuge. Das Unternehmen produziert am Standort Suhl Ersatzteile für fast alle bisher gebauten Simson-Modelle sowie seit 2009 neue Motoren vom Typ M541 (50 cm³) und M741 (70 cm³). Die Produkte von MZA können vom Endverbraucher über Händler oder nach Onlinebestellung in sogenannten Abholshops bezogen werden.

 

Wikipedia Dieser Text basiert auf dem Artikel Simson (Unternehmen) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung).
In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.